Deutschland im Viertelfinale!

Die deutschen Spieler und Fans feiern den 4:3-Sieg nach dem letzten Penalty. Foto: Andre Ringuette / HHOF-IIHF Images

Gastgeber gewinnt Krimi gegen moralstarke Letten

Der WM-Gastgeber Deutschland vergibt erst eine 2:0-Führung und zieht dann durch einen 4:3-Sieg gegen Lettland ins Viertelfinale ein.

Am letzten Spieltag der Gruppe A trafen in Köln WM-Gastgeber Deutschland und die Auswahl Lettlands zum Finale um Platz 4 in der Gruppe aufeinander. Beide Teams gingen mit 9 Punkten in die Partie und konnten sich gleichermaßen Hoffnung auf den Einzug ins Viertelfinale machen. Der Gewinner dieses letzten Gruppenspiels in Gruppe A zieht in die KO-Phase des Turniers ein und bekommt es am Donnerstag mit Team Kanada zu tun.

Beide Teams trafen schon bei der Olympia-Qualifikation im September 2016 in Riga aufeinander, wo das deutsche Team mit 3:2 gewann und sich so für die Olympischen Spiele 2018 in Südkorea qualifizierte.

Wie in der Olympiaqualifikation vor einem knappen halben Jahr stellte DEB-Trainer Marco Sturm den nachnominierten Philipp Grubauer als Starting Goalie auf. Grubauer war am Samstag als Ersatz für den verletzten Thomas Greiss zur Mannschaft gestoßen, ebenso wie NHL-Star Leon Draisaitl, der am Samstag bereits sein Können und seine Spielübersicht unter Beweis stellte. Beim deutschen Team fehlte erneut Philip Gogulla in der Aufstellung als überzähliger Stürmer.

Auch bei Lettland gab es im Vergleich zum letzten Spiel gestern gegen die Russen einige Änderungen. Headcoach Bob Hartley beorderte den gestern geschonten Elvis Merzlikins wieder zwischen die Pfosten, außerdem fehlten Angreifer Razgals und Verteidiger Jaks.

Beide Teams starteten mit Tempo in die Partie und prüften die Torhüter bereits in den ersten Minuten mit Schüssen von der blauen Linie. Sowohl Grubauer, als auch Merzlikins, konnten die ersten Torabschlüsse sicher abwehren.

Nach 3:41 Minuten dann die erste Strafe gegen Team Lettland wegen Haltens gegen Teodors Blugers. Christian Ehrhoff und Dennis Seidenberg probierten es mit ihren gefährlichen Schlagschüssen von der blauen Linie, doch vor dem Tor konnte kein Spieler der deutschen Mannschaft die Abpraller verwerten. Patrick Hager zielte mit seinem Tip-In Versuch nach Pass von Draisaitl knapp über das Tor.

Auch Nürnbergs Patrick Reimer, der sich am linken Bullykreis gut in Schussposition brachte, konnte Merzlikins mit einem satten Schlagschuss nicht überwinden. So blieb es beim 0:0 nach Ende des ersten Powerplays der Partie.

Die Letten versuchten es nun durch Roberts Bukarts mit zwei Schüssen aufs kurze Eck, doch Grubauer war da und machte das Tor dicht.

In der 9. Minute dann das nächste Überzahlspiel für Deutschland. Die Deutschen fanden schnell die Powerplay-Aufstellung, Dominik Kahun spielte die Scheibe quer durch die Box vor dem Tor zu Matthias Plachta und auf einmal jubelten die deutschen Fans. Doch der Puck ging nur ans Außennetz. Kurz darauf glänzte Dominik Kahun erneut mit einer guten Vorlage und sah Felix Schütz allein vor dem Tor. Doch auch er hatte noch kein Schussglück und scheiterte am ausgezeichnet aufgelegten lettischen Goalie.

Weiterhin stand es 0:0, doch Deutschland war in der Folgezeit deutlich überlegen.

Yasin Ehliz zielte in der 13. Minute nach einem schönen Solo etwas zu genau, und setzte den Puck an die Latte.

Kurz darauf erkämpfte Yannick Seidenberg am gegnerischen Tor die Scheibe von einem Letten und passte auf Marcus Kink. Der sah zwar den freien Kahun auf dem rechten Flügel, doch beim Schuss aufs freie Tor bricht sein Schläger. Es wäre die verdiente Führung gewesen.

In der Schlussminute bekamen dann nochmal Reimer und Ehliz zentral vor dem Tor die Chance einzunetzen, nachdem Draisaitl die Scheibe gut verteilte. Doch auch sie scheiterten am lettischen Torsteher.

Die Torschussbilanz nach dem 1. Drittel sprach mit 19:4 Torschüssen klar für den Gastgeber. Deutschland mit vielen Möglichkeiten in der Offensive, aber es fehlte schlussendlich der erfolgreiche Abschluss. Lettland kam nur vereinzelt vor das deutsche Tor,  das Grubauer sicher verteidigte.

„Wir dürfen die Ruhe nicht verlieren und müssen geduldig spielen“, so Yasin Ehliz im Pauseninterview.

Im 2. Drittel versuchten es die Letten zunächst durch Kaspars Daugavins mit einem verdeckten Schuss von der blauen Linie, der knapp am Tor vorbei ging.

Die deutschen Verteidiger standen in der Folge vor dem Tor aber nah an ihren Gegenspielern dran und konnten so vereinzelte Aktionen der Letten gut verteidigen.

Nach 6 Minuten dann beinah die Führung für Deutschland. Erst versuchte es Ehrhoff mit einem seiner gefürchteten Schlagschüsse von der Drittelgrenze, dann war es Reimer, der nach Querpass vor dem Tor eigentlich nur noch den Puck über die Linie drücken mußte. Doch er verfehlte das Tor um Haaresbreite.

Nach 27:22 Minuten gab es dann die erste Strafe gegen Team Deutschland. Moritz Müller mußte wegen Behinderung auf die Strafbank.

Roberts Bukarts versuchte es mit dem erstem Schuss in Überzahl, Grubauer konnte die Scheibe nicht kontrollieren. Zum Glück für das deutsche Team war kein lettischer Stürmer vorm Tor, der den Abpraller hätte verwerten können.

Plötzlich dann aber die Unterzahlchance für Patrick Hager, der ein 2-1 Break mit Gerrit Fauser lief, dann aber selber an der Fanghand von Merzlikins scheiterte.

Deutschland übersteht die Unterzahl ohne weitere Gefahr und Coach Sturm durfte direkt im Anschluss selber sein Powerplay aufs Eis schicken.

Zunächst war es Leon Draisaitl, der auf Brooks Macek abspielte. Dieser konnte die gute Torchance aber nicht nutzen und fand im Torhüter seinen Meister.

Doch im nächsten Anlauf dann der lang ersehnte erste Treffer des Spiels: Nach Schuss von  Ehrhoff von der blauen Linie kann Merzlikins die Scheibe nicht festhalten, den Abpraller schiebt David Wolf über die Linie zum lauthals umjubelten 1:0 für Deutschland. Die Letten reklamierten Offside, doch das Tor zählte. Glück für Deuschland.

Die mit 18.797 Zuschauern ausverkaufte Arena bebte 27 Sekunden später erneut. Als der Stadionsprecher gerade noch das 1:0 ansagte, fiel direkt das 2. Tor für die DEB-Auswahl.

Marcus Kink ging über rechts ins Drittel und brachte die Scheibe Richtung Tor. Yannik Seidenberg fälschte den Puck ab und Merzlikins konnte nur abwehren. Dennis Seidenberg versenkte den Abpraller zum 2:0 für Deutschland. Und diesmal war alles zweifelsfrei.

Eine Minute später dann direkt die Chance für Lettland, um im Powerplay den Anschluss zu erzielen. Hier war es Philipp Grubauer mit zwei starken Saves, erst mit dem Schoner gegen Daugavins, dann dessen Nachschuss mit der Stockhand, der die 2-Tore-Führung für Deutschland festhielt.

Lettland war nun auch gefährlich durch einige gute Offensivaktionen. Philipp Grubauer zeigte glänzende Reflexe auf der Linie und hielt die Zwei-Tore-Führung für Deutschland.

Bei 38:42 Minuten fiel dann der Anschlusstreffer für Lettland. Es war Gunars Skvorcovs mit einer Einzelaktion, der über rechts ins Drittel ging, einen Schritt zur Mitte machte und trocken ins lange Eck abschloss.

In den letzten Minuten des Mittelabschnitts deutete sich bereits an, dass Lettland stärker wurde und mit 11:9 Torschüssen in diesem Drittel auch in der Schussstatistik vorn lag.

Vom Eröffnungsbully des letzten Drittels weg gab es dann direkt die erste Chance für das deutsche Team, als Reimer auf Ehliz abspielte. Ehliz hob den Puck aber nach 6 Sekunden über das Tor.

In der 4. Minute war es dann Frederik Tiffels mit Chance nach Alleingang, nachdem er auf links einen Verteidiger ins Leere laufen ließ und aufs Tor zuging. Doch sein Schuss ging knapp am zweiten Pfosten vorbei.

Deutschland dominierte in den nächsten Minuten die Partie und versuchte schnell durchs Mitteldrittel zu kommen, konnte sich aber kein weiteres Tor erzielen. Dies sollte sich rächen.

Das deutsche Team ließ die Letten im eigenen Drittel kombinieren und agierte zu passiv. Miks Indrasis bekam die Scheibe vor dem Tor, passte in die Mitte auf Janis Spukrats und dessen Schuss rutschte über die Linie zum Ausgleich für Lettland nach 49 Minuten.

5 Minuten vor Schluss mußte dann Christian Ehrhoff auf die Strafbank, Gerrit Fauser hatte aber die Chance auf den Unterzahlkonter, der Puck ging jedoch über das Tor.

Im Anschluss dann aber Lettland wieder in der Powerplayformation: Nach einem Querpass auf der blauen Linie schoss Balinskis aufs Tor und Andris Dzerins fälschte den Schuss vor dem Tor ab zur 3:2-Führung für Lettland. Spiel gedreht.

Nun war das deutsche Team gefordert und bekam ein allerletztes Powerplay in diesem Spiel. 2:06 Minuten vor Schluss mußte Arturs Kulda wegen Spielverzögerung auf die Strafbank, nachdem er den Puck mit dem Handschuh blockiert hatte und so das Spiel verzögerte.

Jetzt oder nie hieß es also für Deutschland. 80 Sekunden vor Ende ging dann auch Grubauer für einen sechsten Feldspieler vom Eis. Sturm riskierte alles und das zahlte sich aus.

Draisaitl bekommt die Scheibe im Gewühl vor dem Tor, schießt mit der Rückhand, den Abpraller drückt Felix Schütz 33 Sekunden vor Ende des Spiels über die Linie. Die LANXESS arena wurde zum Tollhaus und die Fans der deutschen Mannschaft lagen sich in den Armen.

So ging es dann in die Verlängerung. 

Die erste Chance hatten hier die Letten, als Dzerins in den Lauf von Daugavins passte. Grubauer hielt den Puck aber in höchster Not. 

In der letzten Sekunde der Verlängerung war es erneut der Goalie der Washington Capitals, der die deutsche Mannschaft vor dem Turnieraus bewahrte. Er hielt den letzten Schuss der Verlängerung artistisch fest.

Es ging rauf und runter in der Verlängerung. Lettland war jedoch näher am Siegtreffer als die deutsche Mannschaft.

Da aber kein Tor fiel, mußte das Penaltyschießen darüber entscheiden, welche Mannschaft als Sieger ins Viertelfinale einziehen sollte.

Nachdem alle drei Letten mit ihren Penaltys an Grubauer scheiterten und die ersten beiden Deutschen Schützen ebenfalls am gegnerischen Goalie hängen blieben, lief Frederik Tiffels an und versenkte den Puck durch die Schoner von Merzlikins zum Viertelfinaleinzug für Deutschland.

Deutschland gewinnt nach Penaltyschießen gegen Lettland mit 4:3 (0:0; 2:1; 1:2; 0:0; 1:0)

Bester Lette war Goalie Elvis Merzlikins, auf deutscher Seite war es Felix Schütz, der die Ehrung des Besten Spielers entgegennehmen durfte. 

Marco Sturm war nach dem Spiel sehr glücklich über den Sieg. „Jeder hat gesehen, dass  zwei gleich starke Teams heute auf dem Eis standen, ähnlich wie schon in Riga im September vergangenes Jahr. Wir waren der glückliche Sieger am Ende und freuen uns auf das Viertelfinale gegen Kanada.“

Lettlands Coach Bob Hartley drückte nach dem Spiel seine Enttäuschung auf der Pressekonferenz aus, dass es nicht gereicht hat am Ende für den Viertelfinaleinzug. „Ich bin trotzdem stolz auf meine Spieler. Wir hatten zwei harte Spiele hintereinander die letzten beiden Tage und haben alles gegeben. Wir sind nach dem 0:2 zurückgekommen und auch in Führung gegangen. Aber am Ende hat es nicht gereicht.“

Die starken Letten haben ein starkes Turnier gespielt und können erhobenen Hauptes die Heimreise antreten, während Deutschland am Donnerstagabend um 20:15 Uhr auf Weltmeister Kanada in der LANXESS arena trifft und wie 2010 ins Halbfinale der Heim-WM will.

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